Aufbruch

30 Monate der Zerstörung liegen hinter uns: Monate, in denen der Boden unter unseren Füssen buchstäblich aufgebrochen wurde. Die Strassen und Gehwege, als pulsierende Adern der Stadt, wurden zerrissen. Der dröhnende Lärm und die Vibrationen der schweren Maschinen zerrten an den Nerven der Anwohnenden. Der Staub der Arbeiten legte sich wie ein Schleier über das Quartier.

Doch die Zerstörung – der physische Akt des Aufreissens – ist nur die äussere Form des Aufbruchs, die uns gewaltsam aus der gewohnten Ruhe, aus den Routinen des Alltags reisst. Im Inneren ruft dieser Aufbruch zu einem Wandel, der über die äussere Veränderung hinausgeht und neue
Möglichkeiten eröffnet. So wie der Boden aufgebrochen wurde, so verlangt nun der Raum des Lebens nach einer neuen Gestaltung, die den Weg für eine neue Qualität des Zusammenlebens ebnet.

Aber was bedeutet «aufzubrechen» in diesem Sinne? Es ist der Moment, in dem wir die Last der Vergangenheit ablegen und uns einer neuen Haltung öffnen – einer Haltung der Achtsamkeit, der Verantwortung und der Sorge um die Gemeinschaft. Dieser Aufbruch lädt uns ein, nicht in den Trümmern der vergangenen Störungen zu verweilen, sondern zu fragen, wie wir das, was nun vor uns liegt, mit bereichernder Bedeutung und individueller Lebensqualität füllen können.

Der öffentliche Raum soll nicht nur äusserlich renoviert werden, sondern auch innerlich belebt: durch Respekt vor den gegenseitigen Bedürfnissen, durch sorgsame Pflege der Wege und der Umgebung, durch aktives Mitgestalten eines Quartiers, in dem sich alle wohlfühlen können.

Der wahre Aufbruch fordert uns, die Zerstörung nicht als Ende, sondern als Ausgangspunkt für den Beginn eines neuen Miteinanders zu begreifen. In diesem Neuanfang liegt die eigentliche Kraft des Begriffs „Aufbruch“ – der Moment, in dem die alte Welt zerbricht, um der neuen Platz zu machen. In den kommenden Wochen und Monaten wird sich zeigen, ob wir den Aufbruch als Chance nutzen können – als Möglichkeit, den Schutt und die Belastungen der vergangenen 30 Monate zu überwinden und das Quartier als unsere Heimat in einem neuen Licht erstrahlen zu lassen.

Text und Fotos: Jürg Minger